Trinklied
Trinkt, Freunde, der Reben Entflammten Saft! Er würzet das Leben Mit Freud’ und Kraft! Der Wassertrinker verzweifelt, Wo keck, vom Weine beträufelt, Des Zechenden Seele beginnt und schaft! Schaut heute, wie blasser Der Mond da schleicht! Was trank er auch Wasser? Es zehrt und bleicht! An Aug’ und Wange verkläret Ist, wer die Flasche geleeret; Voll Genius taumelt er, kühn und leicht! Wie quaken und unken Die Frösch’ im Sumpf? Wer Wasser getrunken Der röchelt dumpf! Mit Wein die Herzen erweitert! Dann tönt die Stimme geläutert, Und gellt dem Lyäus Ïó Triumf!
Johann Heinrich Voß: Sämtliche Gedichte 1802, Bd. 4, S. 16f. Frühere Fassung vom September 1772: Beym Trunk in einer Sommernacht