Beim Trunk in einer Sommernacht
Trinkt, Brüder, der Reben Durchflammten Saft! Er würzet das Leben Und schenkt uns Kraft! Die Waßertrinker — die keuchen, Sehn aus, wie modernde Leichen, Und werden mit mürrischem Gram bestraft. Schleicht heute nicht blaßer Der Mond dahin? Er trank zu viel Waßer, Das bleichet ihn! Hätt’ er Burgunder zu trinken, Er würd’ euch treflicher blinken, Er würde wie unsere Wangen glühn. Was quacken die Frösche In jenem Sumpf? Wird nicht ihr Gewäsche Vom Waßer dumpf? Lasst sie in Rebensaft schwimmen, Ich schwör’s, in unsere Stimmen Tönt gellend dem Weingott’ auch ihr Triumph!
Manuskriptfassung vom September 1772 (Voß-Museum Otterndorf). Mit geringen Veränderungen unter dem Titel "Trinklied" gedruckt im Göttinger Musenalmanach auf das Jahr 1774, S. 116. - Umgearbeitete Fassung unter dem Titel Trinklied in: Voß: Sämtliche Gedichte 1802, Bd. 4, S. 16f.